Thomas Mann * 6.6.1875 in Lübeck - 12.8.1955 in Kilcherg bei Zürich

"Buddenbrooks - Verfall einer Familie", das ist der Titel von Thomas Manns erstem Roman, erschienen 1901. Der Autor, kaum 26 Jahre alt, wurde mit einem Schlag zur literarischen Berühmtheit. Er erzählt vom Aufstieg und Niedergang einer Lübecker Kaufmannsfamilie durch vier Generationen. Dass er dabei seine Vaterstadt Lübeck und manche Züge aus der Geschichte der Familie Mann zum Modell nahm, war unverkennbar. Er verarbeitete auch Erinnerungen an seine eigene Kindheit und Jugend im Elternhaus; Erinnerungen an den herrischen Vater, den Großkaufmann und angesehenen Bürger; an die musikalisch begabte Mutter, die aus einer brasilianischen Familie stammte; Erinnerungen an Feste und Ferienwochen, aber auch an die schulischen Sorgen und Ängste. Als 1891 der Vater starb, zog die Familie nach München. Thomas folgte, nachdem er, nicht ohne Mühe, einen Schulabschluss erreicht hatte. München wurde fortan für 40 Jahre zum Mittelpunkt seines Lebens. Zunächst trat er in den Dienst einer Versicherungsgesellschaft und versuchte sich auch als Student an der Universität. Doch nach dem großen Erfolg seines ersten Romans und seiner frühen Novellen entschied er sich ganz für das Leben des Schriftstellers. Seinem literarischen Ruhm und der Heirat mit Katja aus der hochgebildeten und vermögenden Familie Pringsheim verdankte er die äußere Sicherheit, die es ihm erlaubte, einen großzügigen Lebensstil zu entfalten. Eine zahlreiche, sehr lebhafte Familie füllte das Haus. Die Kinder nannten ihn bewundernd den »Zauberer«. In dieser Zeit entstand der Roman "Königliche Hoheit" (1909), ein modernes Märchen oder, wie Thomas Mann selbst sagte, der »Versuch eines Lustspiels in Romanform«, in dem von der Liebe eines deutschen Prinzen zu einer amerikanischen Milliardärstochter erzählt wird. Unter den Novellen aus dieser Zeit ragen besonders "Der Tod in Venedig" (1912) und "Tonio Kröger" (1903) hervor, in denen Thomas Mann in seinen Hauptfiguren den Zwiespalt zwischen Künstlerleben und Bürgertugenden darstellt.

Der Erste Weltkrieg bedeutete einen tiefen Einschnitt im Leben des Dichters. Die gesicherte Welt des Bürgertums geriet ins Wanken und Thomas Mann stand den neuen Verhältnissen zunächst sehr zurückhaltend gegenüber. Aber wenig später bekannte er sich zum demokratischen Staat. Im Roman "Der Zauberberg" (1924) enthüllte er die Fragwürdigkeit dieses europäischen Bürgertums in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg. Seit "Der Zauberberg" war seine internationale Geltung unbestritten. Seine weltliterarische Bedeutung wurde bestätigt, als er 1929 den Nobelpreis für Literatur empfing. Schon bald geriet Thomas Mann in scharfen Gegensatz zum aufkommenden Nationalsozialismus. Er war auf einer Vortragsreise im Ausland, als Hitler zur Macht kam; er kehrte nicht mehr nach Deutschland zurück, sondern ging in die Schweiz und 1938 nach Amerika, wohin ihm auch seine Familie folgte. In Deutschland schmähte man seinen Namen, beschlagnahmte man sein Vermögen und bürgerte ihn aus. In Amerika aber wurde er, besonders während des Zweiten Weltkriegs, zum allgemein anerkannten kämpferischen Vertreter eines anderen, humanen Deutschlands in der Tradition Goethes. Für die Welt war er und blieb er der berühmteste deutsche Autor unter den Lebenden. In Amerika entstand der heitere Goethe-Roman "Lotte in Weimar" (1939) und später der Roman "Doktor Faustus" (1947), die Lebensgeschichte eines genialen Komponisten. Vollendet wurde das Riesenwerk "Joseph und seine Brüder" (1933-43), in dem die Josephsgeschichte aus dem Alten Testament zu einem vierteiligen Romanzyklus ausgestaltet wurde.

Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte Thomas Mann wohl nach Europa, nicht aber nach Deutschland zurück. Von 1952 bis zu seinem Tod lebte er in der Schweiz. Freilich mied er Deutschland nicht ganz. So hielt er - politisch neutral zwischen West und Ost - zum 200. Geburtstag Goethes, 1949, die Festansprache in der Goethe-Stadt Frankfurt und in der Goethe-Stadt Weimar.